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 Meine Ausarbeitung zum Parkour Projekt

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BeitragThema: Meine Ausarbeitung zum Parkour Projekt   Meine Ausarbeitung zum Parkour Projekt Icon_minitimeDi Okt 01, 2013 12:05 am

Meine Ausarbeitung für das Fotoprojekt wurde endlich benotet. Jetzt darf ich mein Gekritzel auch veröffentlichen und ihr könnt es bei Interesse lesen. Der Bezug zur ästhetischen Bildung ist in der Projektbeschreibungvorgegeben. Der Rest befasst sich mit der Geschichte von Parkour und insbesondere mit der Parkourcommunity als Jugendszene. Hab den Teil zur Projektbeschreibung allerdings mal rausgelassen (Fussnoten fallen leider auch weg, ich hab aber das Literaturverzeichnis aber reingestellt):

Einleitung - Zur Quellenlage


Die Parkourszene ist im Gegensatz zu anderen Sportszenen wie der Skateboard und Snowboardszene noch relativ jung, daher ist das empirische Quellmaterial auch dem entsprechend gering. Es gibt bereits einzelne studentische Arbeiten und es finden sich auch Abschlussarbeiten zu dem Thema.
Diese Arbeiten befassen sich allerdings neben der Entwicklung der Sportart vor allem mit didaktischen Konzepten und sportmedizinischen Hintergründen.
Bei diesem Projekt steht allerdings die Parkourcommunity als Ort und Ausdrucksform einer Jugendszene im Vordergrund. Ich selbst praktiziere Parkour seit Anfang 2007 und habe seitdem viel über die Szene in Erfahrung gebracht und sehe mich selbst als Angehöriger dieser Szene, auch wenn mir gewisse neuere Entwicklungen im Bezug auf die schleichende Kommerzialisierung missfallen. Durch meine persönliche Nähe zu der Szene ergibt sich die Möglichkeit, interne gemeinschaftliche Gedankengänge darzustellen und szenenspezifische Quellen anzuführen, die bei einer allgemeinen Untersuchung aufgrund des geringen Bekanntheitsgrades eher vernachlässigt würden.
Das übliche soziologische „Hinterherhinken“ im Bezug auf den wissenschaftlichen Gegenstand, hier die Parkourszene, wird also eingeschränkt oder auch ausgehebelt. Allerdings ergibt sich auch die Problematik, dass ich keine Garantie auf Objektivität geben kann, da meine Herangehensweisen und Beschreibungen meinem Bild der Szene entsprechen.
Trotzdem bemühe ich mich, die Herkunft und Entwicklung von Parkour und die Eigenarten und Charakteristika der Szene so objektiv und sachlich wie möglich zu beschreiben, ohne kontroverse Themen auszulassen oder Aspekte zu beschönigen. Dazu gebe ich neben Parkourguides, Internetforen und Blogs auch Youtubevideos als Quellen an, da sich die Szene in erster Linie über diese Videos nach außen hin präsentiert, aber auch intern kommuniziert. Ich hoffe, dass ich dazu beitragen kann, trotz des eher kleinen Rahmens dieser Projektarbeit, ein allgemeines und umfassend-verständliches Bild der Parkourszene zu zeichnen.


Parkour – Definition


Bevor auf die Entstehung und Entwicklung der Parkourszene eingegangen wird, lohnt es sich, Parkour und die daraus entstandenen Subszenen zu definieren. Während für den Betrachter, der außerhalb der Szene steht, Parkour ein Sammelbegriff für alle Bewegungsformen geworden ist, die sich mit der Überwindung von Hindernissen in urbanen oder natürlichen Umgebungen befassen, lassen sich innerhalb der Szene differentielle Unterschiede finden. Eine klare Definition von Parkour (im Französischen „Le Parkour“, hier im Weiteren aber Parkour genannt) gibt der Schöpfer der Szene David Belle: „Parkour is…it is a training method which allows to overcome obstacles in urban areas as well as in the natural environment. It is a weapon that must be sharpened. We train and if one day there is a problem we know we can use it it can be the art of escaping, of following, of helping someone who´s got a problem. […] I believe that the purpose of parkour is to become independent, to become upright […] That´s the meaning of knowing yourself to set goals, to achieve them because if we don´t have goals, we move without knowing why […]”. Die in sich knappe Definition beschreibt die Grundzüge des Sports; das effiziente Überwinden von Hindernissen, ein hartes und zielgerichtetes Training und den Anspruch, dass Parkour einen Nutzen für den Praktizierenden und seine Mitmenschen hat. Dieser soziale Anspruch findet sich auch an anderer Stelle wieder: „[…]to explore practitioners’ claims that parkour has the capacity to encapsulate many factors of life that shape people in the direction of honour, trust, integrity and creativity. As individuals influence society, I also argue that parkour offers possibilities for change within the nature of culture in the direction of freedom and respect.”
Aufgrund dieser Definitionen lassen sich als zwei Ebenen, die physischen Anforderungen und Ergebnisse und die sozialen Anforderungen und Ergebnisse, ausmachen. Auf der physischen Seite findet sich das Training für Parkour und die daraus resultierenden Ergebnisse in Form von einem erweiterten Bewegungsspektrum. Es wäre allerdings verfehlt, anzunehmen, dass es sich hierbei um eine bloße Kosten- Nutzenkalkulation handelt, denn das Training für Parkour nimmt den Großteil der Beschäftigungszeit des Praktizierenden ein, sodass er sich gleichermaßen fordert wie auch Vergnügen an dem Training hat. Belles Anspruch für eine Verfolgung oder eine Flucht bereit zu sein, entspricht zwar dem puristischen Trainingsanspruch des Parkour, aber die Möglichkeit, Parkour aus gerade diesen Gründen anzuwenden ist eher unwahrscheinlich.
Auf der sozialen Seite überwiegen in den Definitionen positive Attribute wie Respekt, Ehre, Vertrauen, Integrität, Freiheit und Kreativität. Der Praktizierende soll im Idealfall in der Lage sein, seine trainierten Fähigkeiten zu seinem und dem Wohl von anderen nutzen. Belle beschreibt dazu das Fallbeispiel eines Mannes, der seinen Schlüssel zu seiner Wohnung im zweiten Stock verloren hat und dem er dadurch helfen konnte, dass er zu dessen Balkon geklettert ist, um ihm die Wohnungstür zu öffnen. Mit der länderübergreifenden Entwicklung der Sportart haben sich artverwandte Subszenen etabliert, allen voran das Freerunning. Für den Außenstehenden ist es sehr schwer, zwischen Freerunning und Parkour zu differenzieren.
Die, in der Szene überwiegend vorherrschende Doktrin, Parkour beschreibe das Training für das rein effiziente Überwinden von Hindernissen, während Freerunning eher einen ästhetischen Anspruch verfolgt und Hindernisse auch mit akrobatischen, also ineffizienten Bewegungen überwindet, mag gedanklich zutreffen. In der Realität verschmelzen beide Bewegungsarten allerdings sehr häufig, da Praktizierende viele Bewegungen aus dem Freerunningkanon adaptieren, auch wenn sie behaupten Parkour zu laufen.
Der kreative Umgang mit der Umgebung spiegelt sich zudem auch im Parkourtraining wieder, wodurch nicht immer die effizienteste Möglichkeit gewählt wird, ein Hindernis zu überwinden. Die Herkunft der Begriffe stimmt zudem weitest gehend überein, sodass sich die Definitionen eher über ihre jeweiligen prominenten Stellvertreter innerhalb der Szene (David Belle für Parkour, Sebastien Fourcan und die englische 3run-Crew für Freerunning) etabliert haben, doch dazu im Folgenden mehr.



Parkour - Entstehung und Entwicklung



Das Grundkonzept von Parkour basiert auf keiner neuen revolutionären Innovation. Seit es Menschen gibt, wurden Hindernisse überwunden, um von einem Ort zum anderen zu kommen. Verschiedene Grundtechniken im Bewegungskanon gleichen oder ähneln zudem klassischen Turnelementen, wie z.B. der Bocksprung im Turnen und der Katzensprung (franz. Sau de Chat).
Inspirierend für Parkour dürfte auch Georges Héberts „Méthode Naturelle“ gewesen sein, die in mehreren Quellen als Initialzünder beschreiben wird. Hérbert war ein französischer Marine-Offizier und sah sich durch einen Vulkanausbruch auf der Insel Martinique im Jahr 1902, bei dem er durch sein Eingreifen 700 Menschen das Leben retten konnte, dazu inspiriert eine Methode zu entwickeln, die körperliche und geistige Fähigkeiten schult, während das Endziel auf Hilfsbereitschaft und Tapferkeit abzielt. Das Motto Héberts heißt in diesem Zusammenhang „Être fort pour être utile“ (Zu Deutsch: „Stark sein, um nützlich zu sein“). Im Gegensatz zu Parkour stellt die „Methode Naturelle“ einen ganzzeitigen Ansatz dar, der den Praktizierenden in die Lage versetzen soll, durch das Training von Kraft, Geschwindigkeit, Resistenz, Laufen, Klettern, Springen, Selbstverteidigung und anderen physischen Aspekten, den Anforderungen einer natürlichen Umwelt zu trotzen und in ihr zu überleben. Die Methode wurde vor allem durch das französische Militär in freier Natur oder speziellen Trimm-dich-Pfaden praktiziert.
Die häutige Sportart Parkour hat ihren Ursprung Ende der 1980er Jahre in Lisses und Èvry, zwei Vororten von Paris, wo sie durch eine kleine Gruppe von Jugendlichen aus diesen Städten entwickelt wurde. Raymond Belle, der Vater von David Belle war ein Feuerwehrmann und hat in Vietnam gedient. Er ließ sich durch Hérberts Konzept in seinem physischen Training beeinflussen und gab diese Ideen an seinen Sohn David weiter. David Belle und seine Jugendfreunde Chau Belle-Dinh, Yann Hnautra, Sebastien Fourcan und anderen gründeten eine Gruppe namens „Yamakasi“ (Afrik.- Liganla für „Starker Mann, starker Geist“).
Zu diesem Zeitpunkt gab es die spätere Terminologie des Parkour und Freerunnung noch nicht. Stattdessen nannten die Yamakasi ihren Sport „L´art du déplacement“ – Die Kunst der Fortbewegung. Was anfangs noch ein spielerischer Zeitvertreib der Jugendgruppe darstellte, entwickelte schnell eine feste Methodik und Trainingsdisziplin. Vergleichbar mit fernöstlichen Kampfkünsten stellt „L´art du déplacement“ einen „[…] certain approach to life, rooted in self-reliance, independence of thought and action, inner strength and resolve and being physically and mentally as complete human being possible“ dar. Die Yamakasi wurden international bekannt durch den gleichnamigen Actionfilm von Frankreichs berühmten Regisseur und Filmproduzent Luc Besson sowie durch einen Beitrag in der US-amerikanischen Fernsehshow „Ripley´s Believe it or Not!“.
David Belle und Sebastien Fourcan hatten sich zu diesem Zeitpunkt schon von der Gruppe distanziert um ihre jeweils eigene Definition des Sports publik zu machen. David Belle gründete eine kurzlebige Gruppe namens „le Traceur“ (franz.: „Der, der den Weg ebnet“) und prägte erstmals 1998 den Begriff Parkour, wobei er damit die effiziente Überwindung von Hindernissen nur mit körpereigener Kraft beschreibt.
Nach Auflösung der Gruppe wurde der Begriff „Traceur“ gängig, um Parkourpraktizierende zu betiteln. Fourcan machte Parkour unter dem Begriff „Freerunning“ in den Jahren 2003 und 2005 erschienenen Dokumentationen Jump London und Jump Britain auch in England bekannt. Inspiriert durch die TV-Ausstrahlung der Jump Dokumentationen wuchs die englische Szene und entwickelte sich mit dem, aus Basingstoke kommenden 3run-Team, dass Parkour mit Streetstuntelementen mixte zu einer wachsenden Internetgemenschaft, die sich vor allem über Youtube austauscht.
Mit den zwei Banlieue13 Filmen von David Belle und dem Kinoauftritt von Sebastien Fourcan als Bösewicht in James Bond: Casino Royal wurde Parkour auch im Mainstream ein bekanntes Phänomen, dass zumeist mit waghalsigen Stunts und Sprüngen auf den Dächern von Gebäuden verbunden wird. Mit dem steigenden Interesse und der weltweiten Verbreitung der Sportart entwickelte sich neben den szeneninternen Internetplattformen, Workshops und Jamevents auch Sponsoring und Wettbewerbe. Vor allem Redbull hat sich mit den jährlich stattfindenden Art of Motion Wettbewerben etabliert, zu denen Athleten aus aller Welt geladen werden, die sich dann in einem Knock-Out Verfahren, ähnlich den großen Skateboardwettbewerben in den Kategorien „Style“, „Creativity“, „Execution“ und „Difficulty“ beweisen müssen.
Die Mehrheit der Szene lehnt jedoch jegliche kompetitiven Veranstaltungen ab, da Parkour in seiner ursprünglichen Philosophie keinen Wettbewerb erlaubt. Obwohl Parkour noch eine sehr junge Sportszene darstellt, gibt es schon jetzt eine Vielzahl von verschiedenen Herangehensweisen, die sich sowohl individuell wie auch Länder- und Kulturübergreifend unterscheiden. In welche Richtung sich der Sport verändern wird, ist schwer abzuschätzen, allerdings obliegt er sowohl dynamischen Einflüssen Seitens der Traceure als auch der medialen Öffentlichkeit und profitorientierter Unternehmen.

Parkour Philosophie

Die ursprüngliche Philosophie von Parkour basiert vor allem auf Respekt. Der Traceur soll und muss seinen eigenen Körper respektieren, wenn er den Sport möglichst lebenslang ausüben will. Respekt vor der Natur, Mitmenschen und privaten Eigentum gehört ebenfalls zu dieser Philosophie, die eher als Richtwert statt als oktroyierte Verhaltensweise zu verstehen ist. Die Herausforderung und das Erreichen von Zielen spielen eine wichtige Rolle im Parkour.
Der Traceur hat den Anspruch, sich durch sein Training nicht nur physisch sondern auch mental zu stärken. Die physischen Eindrücke vom Training, vor allem das Überwinden von Ängsten, sollen sich auf das gesamte Leben übertragen, um dem Praktizierenden mehr Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein zu geben. Neben dem von David Belle favorisierten ursprünglichen Mantra George Héberts „to be strong, to be useful“, also einem pragmatischen Charakter, spielen auch der individuelle Ausdruck und die Sehnsucht nach Freiheit eine große Rolle.
Der größte Anziehungspunkt von Parkour stellt aber der Unterhaltungswert dar. Durch die grundlegenden Bewegungen, die schnell erlernbar sind, die, mit anderen Sportarten vergleichbar geringen finanziellen Kosten und die große Vielzahl an Möglichkeiten, kann Parkour beinah überall und von jedem ausgeübt werden. Der Zugang gestaltet sich in diesem Sinn extrem niederschwellig. Parkour wird von den Traceuren selbst als ein „Way of Life“ empfunden. Das Training will Methoden zur Problemlösung darstellen, die sich ultimativ auf jeden Aspekt des Lebens anwenden lassen sollen.
Die Philosophie umfasst gewisse Werte wie Selbstdisziplin, Konzentration, Zielsetzung, Überwindung von Ängsten, Demut, Hilfsbereitschaft, Bescheidenheit und das ständige Austesten und Erweitern der eigenen Grenzen. Traceure beschreiben außerdem eine Veränderung ihrer Wahrnehmung in Bezug auf den Umgang mit ihrer Umgebung.
Durch die Gesellschaft vorgegebene Wege und architektonische Strukturen wie Mauern, Abgrenzungen oder Geländer werden nicht mehr als Einschränkungen, sondern als Spiel- und Trainingsorte empfunden und in Gedanken geht der Traceur mögliche Parkourrouten durch, wenn er diese Orte auch abseits seines Trainings besucht. Neben mentalen Übungen, wie dem Ausprobieren von unterschiedlichen Methoden der Angstüberwindung vor einem Sprung, ist auch das sogenannte „Conditioning“ ein wichtiger Bestandteil der Sportart. Dazu kann eine ganze Palette von physischen Aktitivitäten wie Gewicht heben, Laufen, Sprungkrafttraining, Body Weight Exercises oder „Conditioning throught Parkour“ Übungen gehören, bei denen spezifisches funktionales Muskelaufbautraining das Ziel ist.

Die Parkourszene – Eine Beschreibung

Die Jugendszene Parkour ist ein relativ neues Phänomen und der Sport basiert, obgleich die Bewegungen nicht wirklich neu sind, nicht auf einer anderen Sportszene. Allerdings handelt es sich auch bei der Parkourszene um keine wirklich neue Jugendkultur. Jugendkulturen entstehen überwiegend aus anderen Jugendkulturen und die einmal entstandenen Szenen manifestieren sich zwar in zeitlich angepassten Varianten, sterben aber nicht aus.
In dieser Hinsicht lässt sich die Parkourszene als Subszene der Trend- und Extremsportarten kategorisieren, obwohl innerhalb der Szene eine Antipathie gegenüber dem „Trend“ Begriff vorherrscht. Um eine differenzierte Beschreibung der Szene zu ermöglichen, soll sie im Weiteren zuerst auf ihre allgemeine Struktur und dann auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu der am nächsten Verwandten Sportszene des Skateboarding untersucht werden.
Wie in anderen Jugendszenen auch, gibt es innerhalb der Parkourszene einen festen, weil erfahreneren Szenenkern, der sich zumeist auch international durch Youtubevideos und Events etabliert hat. Daneben gibt es noch engagierte Traceure, die neben dem Training bei Events mithelfen oder diese auch selber organisieren. Die Szenemitläufer sind in der Parkourszene dadurch gekennzeichnet, dass sie den Sport über die Medien wahrgenommen haben und ohne großes Engagement ebenfalls partizipieren wollen. Entweder werden sie mit der Zeit selbst zu engagierten Szenegängern oder verlassen nach relativ kurzer Zeit wieder die Parkourszene. Youtubevideos bilden einen festen Kern der Szene.
Die meisten Neuzugänge werden durch Videos von Parkourprofis wie David Belle, Daniel Ilabaca oder anderen Szenengrößen auf den Sport aufmerksam. Szenegänger stellen Videos von ihren Parkourläufen mit unterschiedlichen Begründungen ins Netz. Es wird somit nicht immer klar, ob sie zum Selbstzweck, zur Unterhaltung, als Showreels oder um mit der Videokommentarfunktion eine kritische Plattform für Verbesserungsvorschläge aus der Szene zu schaffen, ins Netz gestellt wurden, sofern der Sinn nicht aus der Videobeschreibung hervor geht. Durch Youtube hält sich die Szene auch über globale Entwicklungen im Parkour auf dem Laufenden, sodass es neben den Channels von einzelnen Traceuren auch Sammelkanäle für Nationen oder international übergreifende Projekte gibt. Die Videos sind oftmals auch die einfache Möglichkeit für Traceure einen Einblick in das Training, die Architektur und die Mentalität in anderen Ländern zu erhalten.
Die Alternative ist eine direkte Reise zu unternehmen. Obwohl Parkour in seiner Philosophie und seinem Training eine individuelle Herangehensweise unterstützt, fallen bei längerer Betrachtung der Videos doch gewisse Stile in den Bewegungen auf, die sich von Land zu Land unterscheiden. So fällt auf, dass Traceure in Spanien vor allem auf fließende Bewegungen und weite Sprünge fixiert sind, während englische Traceure explosive Sprünge aus dem Lauf bevorzugen. In Russland lassen sich auch wegen den vielen baufälligen bzw. nicht fertiggestellten Bauwerken und Trimm-dich Spielplätzen aus der ehemaligen UdSSR tänzerische und kreative Einflüsse aus dem Boden- und Stangenturnen sowie Breakdancing finden. Traceure lassen sich durch die unterschiedlichen Stile und Einzelbewegungen inspirieren und entwickeln daraus ihren eigenen Stil, der aber auch durch die jeweilige Architektur mit beeinflusst wird.
Als europäische Zentren des Parkour werden der Geburtsort der Sportart, die Städte Lisses und Èvry sowie auch London angesehen. Jährlich pilgern daher hunderte Traceure aus aller Welt in diese Städte, um die Entstehungsrouten von Parkour nachzuvollziehen und an den berühmten Orten zu trainieren. Der Umgangston zwischen ausländischen und einheimischen Traceuren ist dabei steht’s freundlich und ungezwungen. Im Vordergrund stehen das gemeinsame Training und der Austausch über die Sportart. Problematisch sind jeweils andere Ordnungsbestimmungen in den Ländern, sodass auch Zusammentreffen mit der örtlichen Polizei daraus resultieren können, wenn Privatgut verletzt wird. Traceure sind dann per Parkourphilosophie dazu verpflichtet sich zu erklären und Platzverweise zu respektieren.
Abweichungen dieses Verhaltens und die explizite Darstellung über Videos von kriminellen oder schädlichen Verhalten in Beziehung zu Parkour werden von der Szene mehrheitlich abgelehnt. Todesfälle sind in der Parkourszene sehr selten aber nicht auszuschließen. Zumeist stehen die Todesfälle im Zusammenhang mit waghalsigen Sprüngen zwischen Dächern von Gebäuden. Häufiger sind allerdings temporäre Verletzungen wie Verstauchungen und Knochenbrüche, aber auch Langzeitschädigungen wie Knorpelschäden und Dysbalancen. Auch hier distanziert sich der Großteil der Szene von diesen waghalsigen Stunts und verweist in öffentlichen Stellungnahmen darauf, dass jahrelanges Training notwendig ist, um solche Sprünge auszuführen und diese auch nicht der Intention der Sportart entsprechen.
Ein englischer Parkourläufer namens Chris „Blane“ Rowat hat dazu im Jahr 2007 einen, in der Szene vielgelesenen und zitierten Artikel mit dem Titel „Dilution“ (eng. = Auswaschung) auf seinem Onlineblog veröffentlicht, der sich kritisch mit der Trainingseinstellung der neueren Parkourgeneration im Vergleich zu den Veteranen der ersten Stunde auseinandersetzt. Rowat beschreibt die erste Parkourgeneration als starke Parkourläufer, die sich durch jahrelanges Auseinandersetzen mit der Sportart optimal auf die Anforderungen an den Körper vorbereitet haben. Die neuere Parkourgeneration ist demnach eher an schnellen Erfolgen, weiten Sprüngen und möglichst spektakulären Bewegungen interessiert, will dafür aber möglichst wenig Trainingszeit investieren und Rowat unterstellt ihnen, dass sie Parkour nicht als lebenslangen Prozess begreifen und sich mit dieser Mentalität zu schnell verbrauchen. Diese Diskussion, die sich ab 2007 vermehrt durch deutsche und internationale Parkourforen zieht, beschreibt die in den Jugendszenen typischen Differenzen zwischen alten und neuen Szenegängern. Die alte Generation sieht die Werte und Philosophie von Parkour in Gefahr und befürchtet die Reduzierung der Bewegungskunst auf eine bloße Trend- und Extremsportart. Der Großteil der Szene ist daher sehr reflexiv, setzt sich mit Sportwissenschaft und Trainingslehre auseinander und vermehrt wird durch Workshopangebote, oftmals in Verbindung mit sozialer Arbeit, versucht die ursprüngliche Disziplin und Einstellung mit den Grundbewegungen zu vermitteln.
Allerdings wird auch Parkour und Freerunning wie jede andere Jugendszene zunehmend kommerzialisiert. Der gängige Musik- und Bekleidungsgeschmack innerhalb der Szene wird vor allem durch Parkourvideos beeinflusst. Obwohl sich die Traceure selbst als freiheitssuchende Individuen wahrnehmen gibt es gewisse Trends die sich mit der Zeit herauskristallisiert und etabliert haben. Bis 2006 lassen sich in den meisten Videos noch Einflüsse der französischen Parkourszene finden. Es wird meist franszösischer Hiphop verwendet. Die Kleidung ist zu dieser Zeit noch unspezifisch und individuell, sodass sich kein Muster herausbildet. Ab 2007 wechselte die bevorzugte Musik mit der wachsenden englischen Szene zu elektronischer Musik und Drum & Base. Als Kleidung etablierten sich nun weite XXL-Jogginghosen bzw. Baggy-Sweatpants, Tshirts und Runningschuhe mit unterschiedlicher Dämpfung.

Wurden im Zeitraum von 2006 bis 2007 noch billige Schuhmarken den teuren vorgezogen, da Schuhe in dem Sport nicht lange halten, haben mittlerweile fast alle großen Schuhmarken versucht, die Szene als Markt zu erschließen, indem sie spezielle Parkourschuhe verkaufen, die bis zu 100 € oder mehr kosten. Hier wird zum Teil erfolgreich versucht, einen Markt zu schaffen, wo noch keiner existiert. Die niederschwellige Voraussetzungen von Parkour, ein paar Turnschuhe und Sportbekleidung, werden durch profitorientierte Unternehmen ausgesetzt und durch teure Produkte ersetzt. Es bilden sich auch eigene Parkourlabels heraus, die von Parkourläufern gegründet worden sind. Trendsportsponsoren wie Red Bull haben zudem das Vermarktungspotenzial von Parkour erkannt und verwandeln den Sport durch die jährlich stattfindenden „Red Bull Art of Motion“ Wettbewerb in einen kompetitiven Wettkampf.
Obwohl diese Events durch international bekannte Athleten präsentiert werden, lehnt die Mehrheit der Szene diese Wettkämpfe (noch) mit dem Verweis auf die ursprüngliche Parkourphilosophie, die keinen Wettbewerb zwischen Traceuren zulässt, ab. Film, Fernsehen und andere Medien zeigen zumeist ein Bild von Parkour, dass von älteren Szenegängern nicht geteilt wird, da es sich nur auf den spektakulären Charakter der Bewegungen beschränkt, ohne das Training und die mentalen Komponenten des Sports zu beschreiben. Hier tritt die, von Klaus Farin beschriebene oppositionsbildene Wirkung durch die Industrie ein, die den festen Kern der Szene nicht erreichen kann. Trotzdem befindet sich die Szene in einer dynamischen Entwicklung und sieht sich im Rahmen der Kommerzialisierung und des Mainstreamestablishment ständig dazu genötigt, den eigenen Wertebestand und die eigentliche Intention von Parkour zu verteidigen.


Bezug zur ästhetischen Bildung


Parkour kann in seiner ursprünglichen Bedeutung als eine „Kunst der Fortbewegung“ verstanden werden, die sich als Methode sowohl zweckmäßigen wie auch ästhetischen Richtlinien unterwirft. Auch Parkour lässt sich daher sowohl in seiner Reinform wie auch gekoppelt an die entstandene Jugendszene an die ästhetische Bildung angliedern. Im Weiteren wird unter ästhetischer Bildung der Anspruch verstanden, einen Modus des Verhaltens zur Welt durch ein sinnlich orientiertes und subjektbezogenes Wahrnehmen und Deuten der Wirklichkeit zu inszenieren und zu vermitteln.
Nun stellt Parkour in erster Linie eine Bewegungskunst und einen intensiven urbanen Sport dar. Trotzdem gesellen sich bildende Elemente sowohl in der individuellen Umsetzung als auch im Umgang mit Gruppen dazu. Hier soll zunächst anhand der vier unabdingbaren Teildimensionen der ästhetischen Bildung nach Cornelie Dietrich der individuelle Charakter der Ästhetik im Parkour beleuchtet werden. Dietrich benennt die Fingerfertigkeit, die Alphabetisierung, die Selbstaufmerksamkeit und die Sprache als Teildimensionen der ästhetischen Bildung. Die Teildimension Fingerfertigkeit umfasst dabei die Sensibilisierung der Wahrnehmung und das Erweitern des Ausdrucksvermögens durch kontinuierliche Praxis. Im Bezug auf Parkour umfasst dies das immer wiederkehrende Element des Trainings. Durch die wiederholte Einübung von Bewegungen festigt der Traceur sein Repertoire an Techniken und stärkt seinen Körper für die auftretenden Belastungen. Dadurch wird er erst in die Lage versetzt, sich auf jede Situation und jede Umgebung einzustellen. Diese Einstellung umschreibt Sebastien Fourcan in der Dokumentation „Jump Britain“ mit den Worten „This is why the repetition is very important“.
Die Alphabetisierung soll nach Dietrich zum einen den Kontakt mit verschiedenen Kulturen ausmachen, was sich durch die Differenzierung zwischen Kulturen und den Vergleich ihrer Symbolsysteme und Traditionen ergibt, und zum anderen auch die Marktorientierung umschreiben. Die Marktorientierung soll im Bezug auf die ästhetische Bildung dabei nicht als prinzipielle kapitalistische Ausbeutungstendenz erfahren werden sondern dabei helfen durch ein Verständnis von Produktion und Vermittlung der Künste überhaupt erst an einem kritischen Diskurs über Vermarktungen im Allgemeinen teilzunehmen. Parkour stellt sich als Jugendszene daher im direkten Vergleich mit verwandten Szenen wie z.B. dem Skateboarding, sieht sich aber auch innerhalb der Szene mit traditionellen Tendenzen (die „Parkourpuristen“) contra neuen Generationen von Praktizierenden konfrontiert. Symbolsysteme wechseln innerhalb dieser Alphabetisierung ständig und lösen sich ab, was sich an der Kleidung, Gesten und auch an bestimmten bevorzugten Bewegungsabläufen der Traceure bemerkbar macht.
Die Marktorientierung befindet sich ebenfalls im Kontrast zwischen der, mittlerweile verstärkten Kommerzialisierung als negativen Ausradierer des ursprünglichen Wertesystems und den positiven Effekten, wie größerer Akzeptanz und Anteilnahme durch die Öffentlichkeit. Mit der Selbstaufmerksamkeit wird die individuelle Komponente der Ästhetik beschrieben, da die Künste im Bezug auf den Künstler oder den Rezipienten selbst wirken. Die Wahrnehmung wird dabei ästhetisch beeinflusst, sodass der künstlerische Blick die Welt anders begutachtet und neben dem Gewinn an zusätzlichen Perspektiven auch Einzigartigkeit und Herausgehobenheit der Erfahrung umfasst. Der Traceur nimmt seine Umwelt anders wahr. Statt auf vorgegebenen Wegen findet er seine eigenen Routen. Es ist der individuellen Freiheit überlassen, wie der Traceur seine Stadt wahrnimmt.
Beschränkt wird die Vielzahl von Möglichkeiten, Hindernisse in seinem Weg zu überwinden nur durch den, in der Parkourphilosophie verankerten Respekt vor dem Leben und Eigentum anderer Menschen. Dadurch ergibt sich für die Praktizierenden die Gelegenheit die vorsozialisierten Pfade innerhalb einer Stadt, die wiederrum nur Ausdruck eines Systems an gesellschaftlichen Konventionen darstellt, zu überwinden.
Die vierte Teildimension der Sprache soll die Mitteilungsebene durch ästhetische Erlebnisse beschreiben. Durch die Vermittlung an sich selbst und andere wird die Kunst demnach erst konstruiert und ästhetisiert. Parkour versteht sich in Bezug darauf als körperliches Ausdrucksmittel der Traceure. Mit der Wahl einer Möglichkeit, bzw. eines individuellen Weges oder einer Herangehensweise wird auch immer ein gewisser Ausdruck verknüpft. Die Repräsentation wird innerhalb der Szene zudem noch durch die Kreation von Videomaterial verstärkt, wobei die Videos ebenfalls immer einen ästhetischen Bezug haben. Die ästhetische Bildung zielt bei den genannten Beispielen vor allem auf den Einzelnen ab und dient durch Parkour als Trägermedium seiner persönlichen Reifung, vorausgesetzt es besteht seitens des Praktizierenden die Einsicht bezüglich diesen Prozess. Im Bezug auf breitere Gruppen lässt sich ästhetische Bildung innerhalb der Parkourszene bei der Vermittlung von Know-how bei Workshops, Lehrgängen und gemeinsamen Training finden. Auch hier werden die Teildimensionen mit der Lehre der Bewegungen vermittelt.
Es sei an dieser Stelle aber darauf hingewiesen, dass die ästhetische Bildung nicht das vordergründige Ziel der Bewegungskunst ist. Selbst in seiner ursprünglichen Intention will Parkour in erster Linie zweckmäßig sein und eine vergnügliche und motivierende Trainingsmethode für das Überwinden von mentalen und physischen Hindernissen darstellen. Die Teildimensionen der ästhetischen Bildung können daher nur unbewusst vermittelt werden und werden von Praktizierenden auch erst wahrgenommen wenn sie sich gedanklich darauf einlassen.
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